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Die meisten Menschen, denen ich auf Veranstaltungen begegne, haben oft schon gesehen, was ich tue, bevor sie mit mir gesprochen haben…Die häufigste Gesprächseröffnung ist sicher in Variation “Also ich habe dazu gar kein Talent, ich konnte schon als Kind nicht zeichnen. „

Schade, dass so viele Erwachsene denken, das nicht zeichnen können und es daher auch nicht probieren. Das macht mich wirklich traurig, denn ich kenne diesen Gedankengang gut – aber dazu später mehr. Auf den ersten Blick ist das ein ungünstiger Glaubenssatz, der verhindert, dass sich erwachsene Menschen mit Stiften auszudrücken.

Als ausgebildete NLPlerin müsste die nächste Frage eigentlich sein, wer hat das gesagt? Oft stellt sich heraus, dass Erzieher, Lehrer oder das direkte Umfeld das mal so formuliert hat und danach die Bemühungen, zu zeichnen einfach eingestellt worden sind. Wenn dann kein „Jetzt erst recht“ erfolgt, manifestiert sich der Glaubenssatz, mit dem ich auch lange gekämpft habe und mit Pech ist die Zeichenkarriere ist beendet.

Das einzige, der uns in motorischen Tätigkeiten  besser werden lässt, ist Übung – egal ob es laufen, radfahren, bildhauern mit der Kettensäge oder zeichnen ist. Auch das ist ein motorischer Vorgang, der für runde Formen eine lockere Hand braucht. Aber wer übt schon etwas, wo die Überzeugung wartet, es nie zu lernen? Er ist weit verbreitet und verliert er vielleicht seine Macht, wenn wir ihn näher anschauen und auf die Suche gehen, wo er her kommt. Ich habe dazu ein paar Ideen…

 

Kinderzeichnung - warum so wenige Erwachsene über die Kinderzeichnung hinaus kommen

Wie die meisten Zeichenkarrieren beginnen

Sobald Kinder ihre ersten Sprechversuche machen und die ersten Worte aus ihrem Mund kommen, beginnt auch ihre zunächst vielversprechende künstlerische Karriere. Meist bewaffnet mit Wachsstiften oder dicken Buntstiften kommen die ersten abstrakten Kringel und Formen aufs Papier. In einer Mischung aus dem eigenen Entdeckungen von außen und dem Spielen mit dem Werkzeug Stift ist noch alles möglich und wahrscheinlich kaum etwas geplant. Die ersten Kinderzeichnungen sind meist auch einfarbig, selbst wenn mehr Farben zur Verfügung stehen.

Die Bilder von kleinen Kindern durchlaufen normalerweise alle Phasen, die das Kind selbst durchläuft. Es gibt eine nach außen orientierte Zeit, eine Phase in dem es sich im Zentrum sieht, sich abgrenzt. Seine so noch unvoreingenommene Art des Ausdrucks wird schnell jäh gestört. Angefangen bei Oma und Opa, die leider heute noch oft in die Händigkeit der Kinder eingreifen und den Stift in die “richtige” Hand legen, zeigen ambitionierte Mütter, wie der Kreis rund wird, wieviel Finger richtig an eine Hand gehören und überhaupt werden nicht nur kleine Kinder immer wieder dazu aufgefordert, etwas „Richtiges“ zu malen.
Erwachsene meinen damit etwas Figürliches, das klar erkennbar ist. Während Entwicklungspsychologen selten in den Bildern von Kleinkindern konkrete Gegenstände sehen, wünschen sich Eltern das unbedingt. Das ist nicht nur schade, sondern schädlich, wenn es darum geht, dass ein Kind zeichnen und malen als eigenes Ausdrucksmittel kennen- und lieben lernt. Als Erwachsene erinnern wir uns meist nicht mehr daran, wer schon alles an unserem Künstler-Ich
herumgefuhrwerkt hat…

Betreust du kleine Kinder?

Für Eltern, Großeltern, Patenonkel- und -tanten wäre es wichtig, Kinder früh darin zu stärken, sich kritzelnd, malend und zeichnend auszudrücken. Das bedeutet, wenn du Kinder im Kindergartenalter betreust, ermutige sie zu malen, stelle ihnen Stifte hin und hab Geduld. Die meisten kleinen Kinder teilen gern ihre „Motivwahl“, bitte diskutiere sie nicht, sondern schreib lieber ein Datum hinten drauf, damit du und das Kind es später noch zuordnen könnt.   

Im Durchschnitt enden aber viele potentielle Zeichenkarrieren schon früh mit Frust und Verschlossenheit. Die meisten Kinder, die die ersten Striche aufs Papier bringen, können sich zu dem Zeitpunkt verbal noch nicht so genau ausdrücken. Insofern ist kritzeln und mal eine gute Möglichkeit, sich kindgerecht mitzuteilen – es sei denn es wird eingegriffen. 

Den Rest erledigt die Schule

Im Kindergarten trennt sich schon früh die Spreu vom Weizen. Da gibt es Kinder, die stundenlang malen und andere die lieber bauen und konstruieren. Wenn die Schule naht, wird es vor allem für die Kinder schwer, die nicht gern einen Stift in die Hand nehmen. Ihnen fehlt der Umgang, um entspannt und locker später Buchstaben zu schreiben. Tatsächlich hängt später schreiben und zeichnen recht eng zusammen und beeinflusst sich durchaus positiv, aber das ist ein anderes Thema.

Im Laufe der Grundschuljahre von der ersten bis vierten Klasse wird in Deutschland leider das Wort malen ständig missbraucht. So gibt es eigentlich in jedem Fach bis auf Sport immer wieder Aufgaben, in denen Dinge farbig markiert werden sollen oder „angemalt“ werden sollen.

Diese pädagogische „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“ schafft Frust und Langeweile und sorgt dafür, dass Kinder freiwillig kaum Farbstifte in die Hand nehmen. Ich glaube nicht daran, dass Kinder ein Thema vertiefen, in dem sie alles mögliche mit Buntstiften anstreichen. Ich habe mich immer gefragt wozu, für die Übersicht? Für mehr Orientierung? Dann soll es auch noch sauber sein, nie über den Rand gehen und die Farbe ist meist auch schon festgelegt. Vielleicht hilft es schwachen Kindern ihre mangelnde Auge-Hand-Koordination zu schulen, aber auch nur vielleicht… Ansonsten sorgt es dafür, dass der Begriff „Malen“ mit Langeweile und Unlust verbunden wird. Das Mindeste wäre ein anderer Begriff dafür, also einfärben, markieren, unterstreichen, mit Farbe füllen..Wie auch immer, auch meine Tochter hat bis heute keine gute Beziehung zu Buntstiften. Ich habe einiges angestellt, um sie bei der Stange zu halten, hab sie mit Pinselstiften versorgt, die sie in der Schule nicht benutzen durfte und ihr so die Möglichkeit gegeben ein anderes Medium auszuprobieren. Hauptsache keine Buntstifte, mit denen gemalt werden sollte.

 

 

Warum Malen in der Grundschule zu Frust führt

Dann kommt die dritte Dimension

Zum Ende der Grundschulzeit verändert sich das Sehen. Kinder gelten erst ungefähr ab 9 oder 10 Jahren als verkehrsfähig – also in der Lage, sicher am Straßenverkehr teilzunehmen. Das liegt daran, dass sie bis dahin nur zweidimensional gucken, die Tiefe von Räumen nicht erfassen und so auch keine Entfernungen abschätzen können. Dieses veränderte Sehen wirkt sich auch aufs Zeichnen aus. Bis sie die dritte Dimension entdeckt haben, war es kein Thema, dass Gebäude “flach” waren.

In diesem Veränderungsprozess haben die Kinder ein Problem. Kaum ein Kunstlehrer hilft ihnen, während dieser Zeit, den Sprung von der zweiten zur dritten Dimension auch zeichnerisch zu meistern. Sie sehen etwas anderes als sie zeichnen können – ergo gehen sie spätestens jetzt davon aus, dass sie es grundsätzlich nicht können und schon gar nicht lernen werden. So bleiben viele Menschen völlig unverschuldet auf dem Stand eines 7-jährigen Kindes stehen.

Bei mir lief es nicht besser…

All das kenne ich selbst nur zu gut. Ich gehöre zu den aktiv “umgedrehten” Linkshändern. Heute zeichne
und male ich meist mit rechts, aber eine Flasche drehe ich mit links auf und meine Schnürsenkel binde
ich auch wie ein Linkshänder. Mein Glück war, dass ich Klavier gespielt habe und andere Dinge gemacht
habe, die eine Beidhändigkeit gefördert haben. So ist bei mir als “Schaden” lediglich die völlige
Unfähigkeit geblieben, in Sportkursen die Bewegungen eines Trainers der “vorturnt” zu folgen, das habe
ich aufgegeben…

Meine Mutter hat selbst gern gemalt und unter dem Dach war ein kleines Atelier eingerichtet. So war ich schon als Kind in der luxuriösen Position, allerlei Materialien zur Verfügung zu haben und damit experimentieren zu dürfen…Hauptsache spielen, das hat Spaß gemacht, egal ob mit großen, weichen Pastellkreiden, wasservermalbaren Buntstiften oder Acrylfarben.

Das dicke Ende kam in der Schule. Wenn ich diese wundervollen Entdeckungen dann später im Kunstunterricht mit meinen Lehrern teilen wollte, stieß ich schnell auf Ablehnung…Warum auch immer, es war überhaupt nicht gewünscht, meine Werke zu zeigen, zu besprechen geschweige denn neue Materialien im Unterricht ausprobieren zu
können. Ich hatte gehofft, sie könnten mir helfen und mir zeigen, was ich damit anstellen kann. Die Aufgaben in der Schule habe ich leider auch nie „sauber“ genug erfüllt. In der 6. Klasse, bescheinigte mir mein Kunstlehrer knallhart , dass ich “das” nie lernen werde. Ich habe es zwar nicht sofort geglaubt, aber der Zweifel setzte sich mehr und mehr fest. Er selbst war großer Kubismus-  und vor allem Paul Klee Fan und ließ uns kubistische Raumschiffe mit Tusche malen.  Meine runden Raumschiffe à la Captain Future waren einfach nicht eckig genug.

Als ich in der 8. Klasse im Rahmen von “Proportionen des menschlichen Körpers” als Pubertier nicht bereit war, dem nackten Mann, den ich zeichnen musste, ein Gemächt zu geben, sondern statt dessen ein Weinblatt malte, erntete ich eine klare 5 von der ich mich auch die nächsten Jahre nicht mehr befreien konnte. Jetzt war es amtlich: Susanne ist eine Niete in Kunst. Sobald ich konnte, entzog ich mich dem Kunstunterricht und hakte diese Form des Ausdrucks einfach ab. Eins hatten meine Lehrer geschafft: Mir das Gefühl zu geben, dass ich es besser lasse, mich künstlerisch zu betätigen. Meinen Drang etwas zu schaffen, habe ich erstmal begraben und statt dessen viele Schals gestrickt…

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Erst mit 20 habe ich eher aus Trotz wieder einen Pinsel in die Hand genommen. Ich begleitete meine Mutter eigentlich nur als Chauffeurin auf ein Malseminar, ausgestattet mit einer Baskenmütze und der festen Überzeugung, gänzlich fehl am Platze zu sein. Die Mallehrerin drückte mir prompt einen Block, einen Pinsel und einen Aquarellkasten in die Hand mit der Bemerkung, wenn ich schon mal da wäre, könnte ich einfach mit machen – da sei das Museumsdorf mit lauter tollen Bauerhäusern und ich solle mir das Schönste aussuchen und es malen. Ich war so perplex, dass ich artig mit dem Block hinter den anderen her gelaufen bin und versucht habe, ohne zu wissen, was ich tue, ein Bauerhaus zu malen…
Ein Jahr später half mir eben diese Frau dabei, selbst studierte Grafikerin und Illustratorin, eine Mappe zu gestalten, um mich bei einer der Design-Schulen zu bewerben…noch ein Jahr später studierte ich Grafik-Design. Dazwischen lag ein Haufen Arbeit – vor allem in meinem Kopf, meinem Glauben an mich und meinem Konflikt zwischen nicht können und doch wollen. Ohne diesen Zuspruch und die Unterstützung meiner Mallehrerin würde ich heute immer noch sagen “Ich kann nicht malen…” Mit dem Gefühl es doch zu können und gestalten zu dürfen, hat sich für mich eine neue Welt eröffnet. Endlich hatte ich die Erlaubnis, meine Umgebung zu entdecken auf meine Weise, zu probieren, meine
Beobachtungen aufzumalen und meine Wahrnehmung für andere sichtbar zu machen. Im Studium war der Fokus erstmal darauf, für andere etwas in eine Optik zu übersetzen. Nach und nach hat sich das Prinzip “selbst gestalten” in immer mehr Lebensbereiche geschlichen und macht weder vor dem kreativen Mittagessen noch der Problemlösung halt.

Aquarell am Wasser - und was wenn Erwachsene den Gedanken einfach nur ziehen lassen sollten?

Ich weiß, dass du kreativ bist – darfst du das auch?

Vielleicht erinnerst du dich, dass ich immer wieder davon rede, dass du zum Sketchnoten nicht zeichnen können musst. Ja, das stimmt. Wie Mike Rohde, der Urvater der Sketchnotes sagt: Ideen, nicht Kunst. Im Prinzip wäre damit jedes Aber eines nicht zeichenbegabten Mensch ausgeräumt. Und dennoch: In jedem Workshop habe ich mindestens einen oder zwei Teilnehmer, die sich davon nicht beruhigen lassen, dass Sketchnoten und Kunst zwei Dinge sind. Vielmehr zweifeln sie an ihrer Kreativität und setzen sie gleich mit künstlerischen Fähigkeiten. Beim Sketchnoten geht es viel um denken, als um zeichnen und doch sitzt die Angst, es nicht zu können oft tief.

 

Wie aber soll das gehen, wenn du dich grundsätzlich für unkreativ hältst?

Wenn du auch den Gedanken kennst, dass du nicht zeichnen kannst, lass ihn ziehen, als wenn er eine Wolke ist. Egal woher der Satz kommt, er hat heute keine Bedeutung mehr, weil du die Wahl hast. Du kannst, wenn du willst, einfach ausprobieren, ob das mit dir und dem Stift etwas wird. Und wenn du ein paar Mal probierst, siehst du wie dein Strich besser wird. Ohne dran bleiben könntest du heute sicher nicht stabil laufen (dauert Jahre), Fahrrad fahren oder schwimmen. Also habe ein bisschen Geduld.

Meine Bitte an dich: Sei mutig, egal was du bisher geglaubt hast und erlaube dir ab jetzt sofort, kreativ zu denken, auch mit dem Stift, und dich als kreativen Menschen zu betrachten. Sei gespannt darauf, welche anderen Gedanken plötzlich auftauchen, die du vorher nicht hattest.

Freu dich über deine neuen Lösungen und nimm wahr, wieviel leichter und weiter dich deine Gedanken tragen. Denk daran, eine Sketchnote ist nichts anderes als sichtbares kreatives Denken. Das beste ist, du hast schon eine eingebaute Symbolbibliothek, die du nur noch aktivieren musst. Also, los geht es und fang jetzt an.

 

Kennst du schon mein kostenloses Sketchnote Starter Kit?

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