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Meister wirst du mit Gewohnheit

Ganz oft wenn ich Menschen erzähle, was ich mache, bekomme ich die Antwort: “..das ist aber kreativ…das könnte ich nicht!” Meine Antwort ist immer: Doch, wenn du genug übst. Im Laufe der letzten Jahre habe ich ein paar tausend kleine und dann auch größere Zeichnungen gemacht. Fakt ist: Sketchnotes habe ich für mich zur guten Gewohnheit gemacht, das heißt ich übe jeden Tag und es lohnt sich! 

Klar wirst du sagen, du hast auch Grafik-Design studiert. Das stimmt und in meiner Ausbildung haben wir viel gezeichnet. Sketchnotes funktionieren aber nicht über Schönheit, sondern über Aussagekraft. Wenn ich also von üben spreche, dann meine ich täglich Bildideen entwickeln und Inhalte in Bildvokabeln übersetzen. Im Laufe der Zeit wird ganz nebenbei die Technik und die Form besser. Im ersten Schritt ist Sketchnoten Denken mit dem Stift. Ich habe mir 5 Dinge überlegt, wie die in deinem Alltag regelmäßig üben kannst, ohne dass es Aufwand bedeutet. Letztlich ist das Einfachste aus dem vermeintlich Schwierigen eine tägliche, gute Gewohnheit zu machen. 

 Idee Nr. 1:

Geh nirgendwo hin ohne Stift und Papier

Am aller wichtigsten ist, dass du in jeder Tasche einen Stift hast. Sorg dafür, dass jede Handtasche, Messengerbag, die Mittelkonsole im Auto und deine Einkaufstasche mit einem Stift ausgestattet ist. Sicher hast du in irgendeiner Schublade eine Sammlung von Werbekugelschreibern. Die verteilst du auf deine üblichen Transporttaschen inklusive Laptoptasche und Rucksack.

sketchnotes zur guten Gewohnheit machen -Skizzenbuch Dann gehört natürlich noch Papier dazu. Vielleicht hast du ein Lieblingsnotizbuch, dass du immer bei dir tragen kannst. Ich habe diverse Skizzen- und Notizbücher, die ich je nach Taschenformat mit mir herum trage. Im Sommerurlaub war ich mit meiner Familie im Zoo und hatte den kleinsten Vertreter dabei: ein 10×10 Ringbuch, auf dem ich auch im Stehen während ich in ein Gehege schaue ohne Mühe zeichnen kann.
Alternativ kannst du ähnlich wie mit den Stiften einfach Briefumschläge mit mindestens 10 Notizzetteln versehen und in deine meist genutzten Taschen verteilen. Hauptsache du hast immer Stift und Papier dabei – ohne das wird es schwierig, dem Impuls etwas aufzeichnen zu wollen sofort nachzukommen – anders gesagt, nur mit der Möglichkeit immer etwas aufzuzeichnen, kann das Sketchnoten zu einer guten Gewohnheit werden.

Idee Nr.2: 

Wenn einfach erstmal gar nicht einfach ist

Es gibt ein recht bekanntes Sketchnote- und Visualisierungsbuch von Dan Roam mit dem Titel “Auf der Serviette notiert”. Da geht es vor allem darum, dass eine gute und knappe Darstellung weder Schnörkel noch kunstvolle Ausarbeitung braucht, sondern viel mehr Reduktion. Das betrifft nicht nur die Form, daher die Serviette, sondern auch die Einfachheit der Darstellung. Vielleicht beruhigt es dich, dass das nicht gleich geht. Die Designerin Paula Scher drückt das so aus:

It took me a few seconds to draw it, but it took me 34 years to learn how to draw it in a few seconds.

Lass dich davon nicht ins Bockshorn jagen, Übung macht eben den Meister und Sketchnotes zu einem wirkungsvollen Denkinstrument für dich selbst zu machen, dauert sicherlich keine 34 Jahre, versprochen. Ein bisschen Geduld mit dir selbst darfst du allerdings mitbringen.

In jedem Workshop spiele ich mit meinen Teilnehmern “Montagsmaler”. Das war früher eine Sendung, in der ein Teammitglied gemalt hat und die anderen raten mussten, welcher Begriff gemeint ist. Vor allem bei Anfängern werden aus einem Begriff oft ganze gezeichnete Bildergeschichten. Das Spannende daran ist, dass mit jedem weiteren Element auf dem Flipchart die ratende Gruppe immer verwirrter ist und es ihr immer schwerer fällt, den gesuchten Begriff zu erraten. Oft erarbeite ich gemeinsam mit meinen Teilnehmern eine möglichst kurze “Fassung”, welche Möglichkeiten es gibt, den Begriff einfach darzustellen.

Idee Nr.2: 

Sketchnotes zur guten Gewohnheit: Sammle Vokabeln

Nimm dir ein Heft und lege dir eine Art Vokabelheft an. Um einen einfachen Einstieg zu bekommen, setz dich mit deinem Heft in deine Küche und schau dich um. Da gibt es sicher Gläser, Becher, Teller, Schüsseln und vielleicht auch eine Kaffeemaschine. Such dir einen dieser Gegenstände aus und überleg dir, ob er am ehesten aus einem Kreis, einem Rechteck oder einem Dreieck bauen lässt. Meine Kaffeebecher sind meisten gerade, hoch mit einem Henkel. Also wäre das ein Rechteck mit einem auf die Seite gelegten Achtelkreis. Wenn du jeden Tag nur einen Gegenstand auf diese Weise in dein Heft einträgst, läppern sich die Dinge, die du darstellen kannst.

Mehr Ideen, wie du Sketchnotevokabeln sammeln kannst und wie viele Sketchnoteideen in dir stecken habe ich hier schon mal aufgeschrieben.

Idee Nr.3: 

Kein Telefongespräch ohne Stift in der Hand

Beim Telefonieren habe ich immer einen Notizblock neben mir. Auch wenn ich mich wiederhole: Sorg dafür, dass du immer etwas notieren kannst, egal ob geschrieben oder mit Sketchnotevokabeln angereichert. Wenn du das nächste Mal den Hörer in die Hand nimmst, greif dir einen Stift und schau mal, welche Zeichen, Formen, Schnörkel oder auch Worte dir aus dem Stift purzeln. Ganz einfache Kringel, Ecken, Linien und Punkte als Begleitung zum Telefongespräch zu kritzeln fordert keine Aufmerksamkeit von dir, sondern hat eher entspannende Wirkung. AufwärmübungSelbstverständlich kannst du auch wichtige Daten, Verabredungen oder Wegbeschreibungen auf diese Art verschönern. Das ist eine prima Fingerübung, denn wir schreiben einfach zu wenig und zu selten, um wirklich locker im Handgelenk zu sein. Ein steifes Handgelenk sorgt für ausgebeulte Kreise, zittrige Linien und das Gefühl, nicht mit dem Stift um die Kurve zu kommen. Glaube mir, das ist nichts weiter als mangelnde Übung! Auch ohne Telefonhörer in der Hand ist eine kleine Fingerübung am Tag ganz nützlich, in dem du zum Beispiel Kreise und Spiralen auf einen kleinen Notizzettel malst.

Idee Nr.4: 

Warum malst du nicht einfach auf dem Tisch?

In einem Gespräch bin ich darauf gekommen, dass das, was die Gäste meiner Tochter beim Kindergeburtstag glücklich gemacht hat, auch eine tolle Lösung ist, um hemmungslos (ganz wichtig!) zu zeichnen. Besorge dir eine Papiertischdecke, die weiß ist und die es oft auch von der Rolle gibt. Lege deinen Tisch damit aus und immer wenn du dich an den Tisch setzt, notierst du oder zeichnest du etwas. Das kann eine „Menükarte“ sein, was es die Woche bei dir zu essen gibt, das können die Dinge sein, die du noch erledigen willst und dann abhakst..Nutze die Fläche einfach mal als Spielwiese, die du leicht austauschen kannst. Das ist vor allem wegen der vergänglichen Form einer Papiertischdecke eine gute Übung, nicht den Anspruch zu entwickeln perfekt und für die Ewigkeit zu kritzeln. Wenn du etwas unbedingt festhalten möchtest, nimm dir dein Smartphone und fotografiere es – dann kannst du die vielleicht mit Kaffeeflecken und Zeichnungen übersäte Decke guten Gewissens entsorgen.

 

Idee Nr.5: 

Zettel statt Whatsapp

Vielleicht musst du manchmal deinen Lieben eine Nachricht hinterlassen, weil sie nach Hause kommen, wenn du schon weg bist oder du hast für deine Nachbarn ein Paket angenommen. Heute werden solche Botschaften gern mit Whatsapp überbracht. Das ist zwar praktisch, aber so entgeht dir eine prima Sketchnotegelegenheit.

Überleg mal, an welchen Stellen du eine geschriebene, mit kleinen Zeichen verzierte Nachricht charmanter ist. Ich mache solche Nachrichten ausgestattet mit Pfeilen und Reihenfolge vor allem, wenn ich unterwegs bin. Mein Mann ist einfach zu selten da, wenn das Kind zum Sport geht oder der Lieblingsfrischkäse besorgt wird. Damit er genau weiß, was wann wie und wo zu erledigen ist, mache ich ihm oft eine Zeichnung. Nur aufschreiben ist nicht ganz ungefährlich für den Familienfrieden ;-).  Mit wenigen Elementen wie Kästen, Bulletpoints und Pfeilen ist so eine Nachricht an die Liebsten eine schöne Übung, um Reihenfolgen und Inhalte zu strukturieren. Denke daran, dass du Anlässe brauchst um Sketchnotes wirklich in deine Alltag zu integrieren und erst dann kannst du Sketchnotes zu einer guten Gewohnheit machen.

 

Bleib dran, es lohnt sich!

Wie alles was du lernst, braucht es Zeit, Geduld und eine kleine Portion Hartnäckigkeit. Das Schöne bei Sketchnotes ist im Vergleich zu gesprochenen Sprachen, ist das es kein „falsch gibt. Das Schlimmste, was passieren kann, ist ein bisschen weggeworfenes Papier, weil dir etwas nicht gefällt oder eine Sketchnote, die du überarbeitest, weil die Betrachter dich nicht verstanden haben. Das ist bei mir auch so bei Kundenaufträgen, wenn ich für Unternehmer Prozesse erkläre, dass ich manchmal nachjustieren muss. Na und?
Mein Appell an dich: Leg los und suche dir zum “Üben” Situationen, die Spaß machen – damit Sketchnotes erstellen auch für dich zu einer guten Gewohnheit wird.